In den entlegenen Tälern der Schweizer Alpen gibt es Dörfer, die kaum jemand kennt und doch das Wesen des Landes auf besondere Weise verkörpern. Hier, wo schmale Wege zu uralten Holzhäusern führen und das Läuten der Kirchenglocken über die Hänge hallt, lebt ein Stück Schweiz, das sich der Moderne weitgehend entzogen hat.
Eines dieser Dörfer ist Vals, versteckt zwischen hohen Gipfeln im Kanton Graubünden. Besucherinnen und Besucher, die den Weg hierher finden, werden mit einer Stille belohnt, die fast greifbar ist. Die engen Gassen, die steinernen Dächer und der Duft von Holzfeuer erzählen Geschichten aus Jahrhunderten – Geschichten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Viele dieser Bergdörfer stehen heute im Spannungsfeld zwischen Tradition und Zukunft. Während junge Menschen in die Städte ziehen, bemühen sich einige Gemeinden, ihr kulturelles Erbe durch nachhaltigen Tourismus zu bewahren. Alte Gasthäuser werden zu Herbergen, in denen Gäste nicht nur übernachten, sondern Teil des Dorflebens werden.
In Guarda, einem der schönsten Dörfer im Engadin, spürt man diese Balance besonders stark. Die bemalten Fassaden und engen Gassen scheinen aus einem Märchenbuch zu stammen, doch hinter den geschnitzten Türen wird gearbeitet, geforscht und gestaltet. Künstlerinnen, Handwerker und junge Familien haben den Ort wiederbelebt und verbinden Altes mit Neuem.
Auch die Küche der Bergdörfer erzählt von dieser Verbindung. Ob hausgemachtes Bündnerfleisch, frisches Brot aus dem Holzofen oder Kräutersuppen nach uralten Rezepten – jedes Gericht trägt die Handschrift der Region. Wer hier isst, erlebt nicht nur Geschmack, sondern Geschichte.
Doch nicht überall gelingt der Spagat zwischen Bewahrung und Wandel. Manche Dörfer kämpfen mit Abwanderung und dem Verlust der Infrastruktur. Poststellen schliessen, Schulen werden zusammengelegt, und die nächste Arztpraxis liegt oft viele Kilometer entfernt. Trotzdem halten die Menschen an ihrem Lebensrhythmus fest, geprägt von Jahreszeiten und Gemeinschaft.