Wenn der erste Schnee fällt und sich die Täler von Graubünden in Weiss hüllen, verwandelt sich die Region in eine märchenhafte Landschaft. Eine Zugreise durch dieses Winterparadies ist weit mehr als ein Transportmittel – sie ist ein stilles Schauspiel aus Licht, Frost und Bewegung.

Die Rhätische Bahn, bekannt für ihre roten Waggons, zieht sich wie ein rotes Band durch die verschneiten Berge. Von Chur über Thusis bis nach St. Moritz bietet sie Ausblicke, die jeden Reisenden innehalten lassen. Schneebedeckte Tannen, vereiste Wasserfälle und Dörfer, die aussehen, als wären sie in Watte gepackt, ziehen am Fenster vorbei.

Besonders eindrücklich ist die Fahrt über das Landwasserviadukt – ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Wenn der Zug die steinerne Brücke überquert, öffnet sich ein Panorama, das selbst eingefleischte Einheimische immer wieder staunen lässt. In der klaren Winterluft wirkt jeder Felsen, jeder Baum, jede Kurve wie gemalt.

Im Inneren des Zuges ist es warm und ruhig. Die Reisenden nippen an heissem Kaffee, während draussen Schneeflocken tanzen. Es ist diese Mischung aus Geborgenheit und Weite, die den Zauber der Reise ausmacht. Gespräche verstummen, Blicke richten sich hinaus – ein Moment des Stillwerdens, den nur der Winter hervorbringt.

Wer in Preda aussteigt, kann die berühmte Albulastrecke zu Fuss entdecken. Der Winterwanderweg folgt der Bahnlinie und bietet spektakuläre Perspektiven auf Tunnel und Viadukte. Hier wird deutlich, dass diese Bahnlinie nicht nur Technik, sondern Teil der alpinen Identität ist.

Doch der Winter in Graubünden ist nicht nur Postkartenidylle. Für die Menschen, die hier leben, bedeutet er auch harte Arbeit – Schneeräumung, eingeschränkte Mobilität und lange Nächte. Trotzdem spürt man bei jedem Zwischenstopp, dass die Bewohner stolz auf ihre Region sind. Gastfreundschaft ist keine Floskel, sondern gelebte Kultur.

Gegen Abend, wenn die Sonne hinter den Gipfeln verschwindet, tauchen die letzten Strahlen die Täler in ein goldenes Licht. Der Zug rollt gemächlich durch die Dämmerung, und wer Glück hat, sieht Rehe im Schnee stehen. Es ist ein Bild, das bleibt – wie eine Erinnerung an die stille Poesie des Winters in Graubünden.